Mathilde Pfeffer bereitet den nächsten Hilfstransport nach Rumänien vor – Finanzielle Unterstützung erbeten
Sichten, aussortieren, packen: Bis an die Decke stapeln sich bei Mathilde Pfeffer die Kartons mit Decken, Kleidung und Spielzeug für Rumäniens Ärmste. Jetzt fehlt nur noch Bares für Nahrungsmittel und Medikamente.
Foto: Kai Lohwasser
Dass die Hilfe ankommt, steht für sie außer Frage
Tannau / In der Krumbacher Straße in Tannau wird wieder eifrig gepackt, Bekleidung sortiert, Tragbares von Untragbarem ausgesondert und alles in die Wege geleitet, damit der nächste Hilfskonvoi sich wieder auf den Weg nach Rumänien aufmachen kann: Mathilde Pfeffer ist in ihrem Element. Seit bald 24 Jahren kümmert sich die pensionierte Lehrerin darum, dass Hilfsgüter die Ärmsten erreichen. Und Armut, ist Pfeffer überzeugt, wird in Rumänien anders definiert als hierzulande.
An Unterstützung mangelt es der Tannauerin weniger, auch wenn nicht alle ihre Motivation nachvollziehen können. „Die Leute fragen mich manchmal: Wie kommst denn du zu Rumänien? Oder: Was haben Sie für eine Verbindung zu diesem Land?“ Drei Gründe führten bei Mathilde Pfeffer im Wesentlichen dazu, dass seit 1991 jährlich eine Lastwagenladung voller Hilfsgüter aus Tannau in Richtung Temeswar geschickt wird. „Mein Mann hatte ein Fuhrunternehmen“, schildert sie den Umstand, dass ihr das Transportwesen nicht fremd ist. Der Angestellte Daniel Mönig, ein wortkarger Rumäne, der ihr zunächst unheimlich erschien „mit seinen dunklen Augen“, löste in ihr etwas aus. Etwas, was danach schrie, gelindert zu werden: die bittere Armut von rumänischen Straßenkindern.
Doch der Reihe nach: Der junge Fremde war als Fahrer beschäftigt. Das funktionierte ganz gut, doch in Sachen Kommunikation bestand Luft nach oben. Mathilde Pfeffer erinnert sich: „Er hat nie gesprochen. Der hatte einen richtigen Knacks.“ Knacks? Als Ceausescu-Gegner hatte er wohl eine schlimme Zeit in Rumänien erlebt, die ihn geprägt haben muss, vermutet Pfeffer. „Ich habe einige Anläufe unternommen, doch es war aussichtslos, mit ihm ins Gespräch kommen zu wollen.“
Es geschah auf der Heimfahrt
Doch dann, eines Abends, hatte er sie gebeten, ihn nach Hause zu fahren, nach Bad Waldsee. Sie willigte ein, auch wenn ihr die Vorstellung etwas unheimlich erschien, alleine mit diesem redescheuen Gesellen unterwegs zu sein. Ihre vielleicht auch bewusst-provokative Feststellung, dass in Rumänien jetzt nach der Revolution – das war 1990 – alles in Ordnung sei, sich die Dinge jedenfalls zum Besseren gewendet hätten, lösten bei ihm ganz unerwartet die Zunge. Nein, nichts sei in Ordnung, auch wenn das Regime gewechselt habe. Armut, schlimme Armut präge den Alltag von so vielen Menschen in dem ehemaligen Ostblock-Staat.
Lange unterhielten sich die beiden an diesem Abend. Mathilde Pfeffer erfuhr einiges über den stillen Rumänen, über den Umgang mit Regime-Kritiker, über Not und Elend und über erbärmliche Zustände in rumänischen Heimen für Waisenkinder.
In Verbindung mit Fernseheindrücken vom Umsturz in Rumänien, bei denen rumänische Sicherheitskräfte in eine Menschenmenge geschossen hatten, war für Mathilde Pfeffer schnell klar: Es muss etwas getan werden. Bei der Neujahrsversammlung am 6. Januar 1991 brachte sie ihr Anliegen im Tannauer Dorfgemeinschaftshaus vor. Und erntete spontan Zuspruch. Der Ravensburger August Schuler beispielsweise sagte Hilfe zu, und auch andere waren nicht abgeneigt zu helfen.
Ein Nutzfahrzeughersteller, der die eigenen Speditionslaster wartete, offerierte, einen Lkw für den Hilfstransport kostenlos zur Verfügung zu stellen. „Das war ein großes Glück, das würde heute nicht mehr gehen“, ist sich die Tannauerin sicher. So machte sich im Winter 1991 ein erster voll beladener Lastwagen mit Hilfsgütern in den Osten auf.
Inzwischen hat das Projekt einen größeren Rahmen. Drei Laster und zwei DRK-Fahrzeuge starten dieses Jahr am 10. August, einer davon gefüllt mit Kleidern, Rädern, Spielzeug, medizinischem Gerät und allem, was hilft, aus Tannau und Umgebung. Ihr Ziel: Temeswar.
Dass die Güter vor Ort in die richtigen Hände kommen, sei gewährleistet. „Ich bin überzeugt, dass die Ware, die Tannau verlässt, so verwendet wird, dass die Armen etwas davon haben“, sagt Pfeffer mit Verweis auf den Mann, den sie vor Ort schon lange als Anlaufstelle schätzt: „Pater Berno übernimmt die Verteilung.“
Ob sie noch Hilfsgüter braucht, bevor der Lastwagen am 7. August beladen wird? „Eigentlich weniger, an Materiellem mangelt’s nicht, aber an Barem. Wir brauchen dringend Geld, um Nahrungsmittel und Medikamente kaufen zu können“, sagt die engagierte Helferin, der dieser Hilferuf förmlich unangenehm scheint. Doch jede Spende zählt, sei sie auch noch so klein, weiß Mathilde Pfeffer.
Spenden sind erbeten an die katholische Kirchenpflege Tannau, Kto 190462019, BLZ 65191500, Stichwort „Rumänienhilfe“.
Schwäbische.de (16.07.2014)
Originalbericht auf schwaebische.de